Ein Gemisch aus Angst vor dem Ungewissen und purer Vorfreude auf all die unerwarteten Momente verspürte ich am Abend vor meiner Reise. Eine Reise – die mich quer durch Neuseeland bringen sollte. Eine Reise – bei der ich weit aus mehr über mich lernte als ich es je angenommen hatte. Eine Reise – nur mit mir selbst.
Mein gepackter Backpack mit dem Allernotwendigsten stand in der Ecke. Mit im Gepäck: Kein konkreter Plan aber zehn Bustickets, die mich in den nächsten Wochen vom Norden in den Süden Neuseelands zurück nach Auckland bringen sollten. Zu dieser Zeit, das wohl aufregendste Abenteuer bis dato.
Und schon nach kurzer Zeit auf meiner Reise wurde mir bewusst: Jeder Mensch sollte einmal im Leben eine Reise antreten – ganz allein. Nur mit sich selbst und dem Allernötigsten im Gepäck. Raus aus seiner Komfortzone, rein ins Unerwartete. Mit oder ohne Plan. Denn das Leben macht früher oder später selbst dem besten Reiseplan einen Strich durch die Rechnung und lässt uns nicht nur mit neuen Erfahrungen zurück, sondern vor allem mit einem: Mit neuen Erkenntnissen über uns selbst. Wir lernen uns selbst auf eine ganz neue, andere Art und Weise kennen. Wir erleben wie wir in Situationen reagieren, die außerhalb unserer Komfortzone liegen und uns völlig unerwartet treffen. Weg von Alltäglichen, treffen wir auf das echte Leben und uns selbst – unser wirkliches Ich. Wer dachte er kennt sein Wahres-Ich bekommt während dem Alleinreisen das Gegenteil zu spüren. Wir bemerken, wer wir wirklich sind. Was uns ausmacht. Was wir uns erhoffen von diesem Leben. Wo unsere Stärken und Schwächen liegen.
Das Alleinreisen zwingt uns nachzudenken. Über das Leben, unsere Welt, die Menschen darin - aber vor allem über uns selbst. Es schenkt uns ein neues Bewusstsein für einzelne Momente. Wir beginnen genauer hin zu schauen und beginnen den Moment aufzusaugen ohne abgelenkt zu werden. In solchen Augenblicken gibt es nur den Moment und unsere Gedanken. Wir sind in gewissem Maße gezwungen uns über den Moment Gedanken zu machen. Ihn bewusst wahrzunehmen. Und das ist in unserer heutigen Zeit ein seltenes Geschenk. Denn wir haben verlernt wie es ist allein zu sein. Wir Menschen wissen oftmals nicht mehr was wir tun sollen in Momenten der Einsamkeit. Wir versuchen jede Situation zu umgehen und greifen lieber schnell nach unserem Smartphone auf der Suche nach Kontakt zu anderen. Wir versuchen uns zu beschäftigen, denn wir wissen nicht mehr, wie es ist allein zu sein. Das Reisen lehrt uns genau das. Allein zu sein – und sich dabei wohl zu fühlen. Gerne allein zu essen. Gerne allein am Strand zu sitzen. Und gerne allein durch die Welt zu gehen. Einer der schönsten Momente auf meiner Reise, war eine Küstenwanderung, die ich zufälligerweise entdeckte. Ich entschied mich immer weiter zu gehen und aus einem kurzen Spaziergang wurden vier Stunden wandern. Stunden, in denen ich kaum einer Menschenseele begegnete. Stunden, in denen ich einfach nachdenken konnte. Stunden, in denen ich vollkommen glücklich war.
Und genau das habe ich auf meiner Reise gelernt. Allein sein zu können. Ohne ständigen Kontakt zur Außenwelt. Und das in vollen Zügen zu genießen.
Aber dennoch, haben wir jeden Tag aufs Neue die Wahl, selbst zu entscheiden wie einsam wir tatsächlich sein möchten. Wer Kontakt sucht, findet Kontakt. Wer allein sein möchte, hat stets die Möglichkeit sich zurück zu ziehen. Und auch wenn das Alleinreisen so wunderschön ist – sind neben den Erlebnissen und Erfahrungen, die wir jeden Tag beim Reisen machen, die Menschen es, die eine Reise in unser Gedächtnis einbrennen. Für mich das Schöne daran war, Fremde neue Menschen zu treffen, mit denen man einzelne Erlebnisse teilen konnte und die vieles mit den gleichen Augen sahen. So fühlte ich mich allein, nie wirklich allein. Und die Begegnungen mit diesen fremden Menschen lösten vieles in mir aus. Bis heute. Es waren Menschen mit neuen Geschichten und völlig neuen Perspektiven. Menschen, die inspirieren und zum Nachdenken anregen. Denn das ist das Schöne: Man trifft auch auf Menschen, mit denen man zuhause vielleicht nie in Kontakt gekommen wäre. Menschen, die sich außerhalb unseres gewohnten Kreises befinden, die aber durch ihre Geschichten unseren Horizont erweitern. Und gleichzeitig können wir unbemerkt das Gleiche für andere tun. Durch die Begegnungen mit anderen Menschen bekommen wir die Chance unsere Weltansicht zu hinterfragen, zu verändern und uns so weiterzuentwickeln.
Ein weiterer Punkt, der mich und wohl viele Menschen so sehr am Alleinreisen begeistert, ist die Freiheit. Die Freiheit selbst zu entscheiden und dabei vor allem zu lernen sich zu entscheiden. Die eigenen Interessen stehen plötzlich an erster Stelle und niemand redet einem ein, was man tun oder lassen sollte. Und doch; die endlose Freiheit bringt viele Vorteile mit sich, die trotz alldem leise mit einigen Schattenseiten einhergehen. Ja man wird sich einsam fühlen. Man wird sich wünschen jemand Vertrautes wäre in der Nähe und man beginnt den Sinn und Zweck der Reise in Frage zu stellen. Doch diese Momente der Einsamkeit werden auch wieder verschwinden und wir werden belohnt. Denn auch diese Momente lehren uns etwas: Momente mit unseren Mitmenschen zu schätzen. Seit ich für eine lange Zeit weg von zuhause war, schätze ich meine Familie und Freunde bei weitem mehr. Mir wurde bewusst, was es bedeutet ein Zuhause zu haben, einen Ort an den man immer wieder zurückkommen darf. Zuvor war für mich vieles selbstverständlich, aber nun sehe ich vieles mit anderen Augen und nehme viele Momente bewusster wahr.
Das Alleinreisen hat mir somit auch gezeigt; Dinge, Menschen und Momente stärker und bewusster zu schätzen.
Alleinreisen bedeutet mehr als nur die Welt zu bereisen. Alleinreisen bringt uns weiter – in jeder Hinsicht.
Vielleicht hatte ich auch einfach nur viel Glück, dass bei meinen Reisen unterm Strich alles so perfekt lief. Wer weiß, vielleicht endet meine nächste Reise im völligen Chaos. Aber nicht vielleicht sondern ganz sicher, wird auch die nächste Reise allein wieder einmal meine Sicht auf die Welt und mich selbst verändern, mich inspirieren und mich weiterwachsen lassen. Und darum sollte jeder Mensch einmal diese Erfahrung gemacht haben – auch Du.
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